Annerose Steinke vom Berliner Zuse-Institut leitet die Geschäftsstelle des Forschungscampus MODAL. Im Interview erklärt sie, was insbesondere die strategischen Workshops für die Weiterentwicklung der Forschungscampi bedeuten.
Frau Steinke, im Rahmen der Förderinitiative „Forschungscampus“ gab es drei Workshops in zwei Jahren – Welche Rolle spielt die Begleitmaßnahme für die strategische Weiterentwicklung der Forschungscampi im Allgemeinen und von MODAL im Speziellen?
Die Workshops sind für uns wichtig, weil sie uns die Gelegenheit geben, uns zu einem spezifischen Thema mit den anderen Forschungscampi intensiv und konzentriert auszutauschen. Im hektischen Arbeitsalltag bleibt uns wenig Zeit, uns darüber zu informieren, wo die anderen Forschungscampi stehen. Man stellt dann auf den Treffen immer wieder erstaunt fest, dass die Herausforderungen ähnlich sind. Wir bekommen in der Diskussion Anregungen und können voneinander lernen. MODAL ist ein mathematischer Forschungscampus und entwickelt mit unseren Forschungs- und Unternehmenspartnern in vier Labs (Energie, Gesundheit, Mobilität und Optimierung mathematischer Methoden) Decision-Support-Systeme. Insofern arbeiten wir im Gegensatz zu den anderen nicht monothematisch. Die Herausforderung besteht darin, für jedes Lab einzeln z. B. die Empfehlungen aus dem Workshop „Impulse zu Evaluationsprozessen und zur Erfolgsmessung“ sinnvoll zu definieren und zu installieren.
Inwieweit sind bereits Inhalte oder Impulse aus den Workshops in die strategische Entwicklung Ihres Forschungscampus eingeflossen?
Das ist von Thema zu Thema unterschiedlich. Wir haben uns natürlich zu den Themen der Workshops, zum Beispiel zum „Schutz und zur Verwertung des geistigen Eigentums“, schon vorher Gedanken gemacht und Konzepte entwickelt. Hier waren wir von Anfang an relativ weit, da man in der Mathematik in der Regel keine Patente anmeldet, sondern Software lizensiert. Andere Forschungscampi haben es hier schwerer, weil komplizierte Patentfragen geklärt werden müssen. Trotzdem nehmen wir immer wieder Anregungen aus der Diskussion mit und können damit unsere eigenen Positionen überprüfen. Wir hoffen auch, dass wir den anderen umgekehrt in der einen oder anderen Frage Hilfestellung leisten können.
Wie wichtig ist der mit den Workshops verbundene Erfahrungsaustausch mit anderen Forschungscampi? Gibt es erste Synergien oder interdisziplinäre Kooperationen?
Der Austausch ist für uns sehr wichtig und wir sind dankbar, dass die Workshops regelmäßig stattfinden. Besonders gute Kontakte und thematische Berührungspunkte haben wir zu den Forschungscampi Mobility2Grid in Berlin, STIMULATE in Magdeburg und DPP sowie FEN in Aachen.
Die bisherige Themenpalette der Workshops reichte von Impulsen für Evaluationsprozesse über Strategieentwicklung bis hin zur Verwertung des geistigen Eigentums. Welche Workshop-Schwerpunkte sehen Sie für die weitere Entwicklung der Forschungscampi als richtungsweisend?
Die Frage, die uns alle bewegt, ist, wie wir in Zukunft unabhängig von der Förderung des BMBF die dauerhafte Verstetigung der Forschungscampi bewältigen. Das ist ein enormer Kraftakt, der Zeit braucht und Ressourcen bindet. Wir alle benötigen Übergangszeiten, in denen wir uns langsam ablösen können. Die Bindung zu unseren Industriepartnern ist im Forschungscampus MODAL sehr gut. Wir arbeiten langfristig und effektiv zusammen. Auch die Arbeit auf Augenhöhe klappt, das Vertrauen ist gewachsen durch die enge räumliche Zusammenarbeit. Aber alle Unternehmen unterliegen finanziellen Zwängen, auf die wir keinen Einfluss haben. Wir müssen auch weiterhin versuchen, langfristige Verträge zu schließen und gemeinsame Projekte, die abgearbeitet sind, durch neue, zukunftsweisende zu ersetzen. Der Markt für hoch qualifizierte Mathematiker und Mathematikerinnen ist hart umkämpft, und wir müssen unsere Beschäftigten halten und ihnen Perspektiven bieten. Wir agieren also am Markt als wissenschaftliche Einrichtung fast selber wie ein Unternehmen. Das kollidiert teilweise mit unserem Status als Einrichtung des Landes Berlin. Hier würden wir uns noch mehr Freiheiten wünschen, um auch in Zukunft so erfolgreich arbeiten zu können wie bisher.
Aus Ihrer Sicht – Was sind die größten Pluspunkte der Begleitmaßnahme?
Die Begleitmaßnahme identifiziert immer wieder Themen, die für alle interessant sind. Noch wichtiger ist aber die Stetigkeit. Wir brauchen den Austausch und auch ein gemeinsames Verständnis, was ein Forschungscampus heute und in Zukunft sein soll. Die Workshops eröffnen die Möglichkeit untereinander zu diskutieren, aber auch mit dem BMBF und den Projektträgern im Gespräch zu bleiben. Wir haben eine Vorstellung, wo wir als Forschungscampus MODAL hin wollen, aber wir sind gespannt, welche Wege die anderen gehen.